• 8.6.21 Bargeld ist Freiheit – Bauer Monhart zahlt bar

    von Hermann Lei, Kantonsrat, Frauenfeld

    Wer die Menschen kontrollieren will, der muss ihren Zahlungsverkehr kontrollieren. Darum hassen Regierungen Bargeld.

    Bauer Monhart ruft an, es brennt ihm auf der Zunge. Er wollte in der Postagentur in der Volg-Filiale eine Barzahlung über Fr. 500.– tätigen. Das wurde ihm verweigert mit der Begründung, seit bald einem Jahr seien keine Bar-Einzahlungen mehr möglich. Früher sei das aber möglich gewesen und er habe öfters einzelne kleine Zahlungen so getätigt. Herr Monhart hat das Gefühl, es werde da experimentiert für eine bargeldlose Schweiz. Er findet das Thema sei ein Artikel in der Schweizerzeit wert. Und das ist es wirklich.

    Gläserner Bürger
    «Corona kills cash», könnte man sagen. Aus Angst vor Übertragung von Krankheitserregern wollen viele Läden und Konsumenten Zahlungen nicht mehr mit Bargeld durchführen. Doch schon vorher gab es Bestrebungen, der Bargeldverkehr zu eliminieren. Als Gründe für die Abschaffung des Bargelds werden genannt: Illegale Transaktionen könnten damit aufgedeckt und Steuerbetrug, Geldwäsche sowie die Finanzströme der organisierten Kriminalität und globaler Terrororganisationen ausgetrocknet werden. Mit der Abschaffung des Bargelds könnte man zudem einen Bank-Run vermeiden oder Negativzinsen einführen. Doch wenn der gesamte Zahlungsverkehr nur noch elektronisch erfolgt, ist jede Transaktion nachverfolgbar und damit auch überwachbar. Der gläserne Bürger ist dann Realität.

    NSA trackt Kreditkarten
    Zwar werden bei der Kreditkartennutzung bloss Metadaten wie Datum, Ort und Uhrzeit erfasst, doch lassen sich daraus relativ leicht Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen. Sie müssen nur viermal Ihre Kreditkarten benützen, damit der Staat oder ein Unternehmen Sie fast sicher identifizieren kann. Weiss man zum Beispiel, dass Sie am Montag ein Brötchen gekauft haben, am Dienstag im Restaurant essen waren und am Mittwoch im Kino, kann man diese Informationen eindeutig Ihnen zuordnen. Der amerikanische Geheimdienst NSA zum Beispiel trackt Kreditkartentransaktionen, um Terroristen ausfindig zu machen. Und jede kleine Transaktion landet auf der Datenbank der grossen Unternehmen.

    «Smile to pay»
    Regierungen und Aufsichtsstellen versuchen, den Bargeldverkehr mit dem Verweis auf das Geldwäschereirisiko zu verringern. Oft stecken aber steuerliche und politische Gründe hinter dem Ansinnen. Vor allem autokratische Staaten lieben elektronisches Bezahlen. In China beispielsweise ist die Abschaffung des Bargelds nur noch eine Frage der Zeit. An immer mehr Geschäften wird kein Bargeld mehr akzeptiert. Stattdessen wird mit einem Smartphone-App über mobile Bezahldienste bezahlt. Es ist sogar möglich, per Gesichtserkennung seine Rechnung zu begleichen. «Smile to pay», lächele, um zu bezahlen, nennt der Bezahldienst Alipay das System. Alipay steht unter dem Verdacht, seine Daten der chinesischen Regierung senden zu müssen.

    Schweden schafft Bargeld ab
    Demokratische Länder hinken da noch hinterher. Verschiedene Staaten in Europa haben aber bereits Obergrenzen für Bargeldzahlungen eingeführt. Auch die Europäische Kommission plant eine solche. Und die Europäische Zentralbank EZB gibt bereits seit Ende 2018 keine neuen 500-Euro-Banknoten mehr aus – Scheine, die zu ihr zurückkommen, werden nicht ersetzt. Schweden ist noch weiter. Das sozialdemokratische «Musterland» möchte das Bargeld möglichst abschaffen. Im Jahr 2023 soll das Bargeld Vergangenheit sein. Man sieht darin offenbar weniger einen Eingriff in die Handlungsfreiheit und die Untertanen haben weniger Probleme mit der totalen Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Verhaltensprofilen.

    Bargeld ist Freiheit
    Bauer Monhart hat aber schon recht damit, dass er der schleichenden Tendenz zur bargeldlosen Schweiz misstraut: Während er bei Scheinen und Münzen das eigene Guthaben gedruckt bzw. geprägt in der Hand hält, sind Kontoguthaben nur Forderungen gegenüber einer Bank. Das ist nicht ohne Risiken. Bei einem Kollaps der Bank laufen Sparer Gefahr, ihre dort eingezahlten Einlagen ab 100 000 Franken zu verlieren. Und die totale Überwachungsmöglichkeit beim bargeldlosen Bezahlen ist ein ideales Mittel zur Unterdrückung oppositioneller Kräfte. Der Verzicht auf Bargeld bedeutet mehr Kontrolle über die Bürger.
    Bargeld ist das demokratischere Zahlungsmittel. Es darf nicht abgeschafft werden, weder schleichend und schon gar nicht in der Postagentur der Volg-Filiale.

    Hermann Lei

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