• 7.2.23 Muss Alain Berset ins Gefängnis?

    Die Schweizerzeit klärt auf

     

    230127-Brisant-HL Berset

    von Hermann Lei, Kantonsrat, Frauenfeld

     

    Das Departement Berset hat den Blick industriell mit Indiskretionen versorgt. Was bedeutet das und ist das strafbar? Wir geben die Antworten.

     

    Insiderdelikt: Weil Ex-Nationalbankpräsident Hildebrand auf Grund der damaligen Rechtslage nicht wegen seines Insiderhandels verurteilt werden konnte, wurden die Insiderstrafnormen verschärft. Neu gilt, dass jeder Täter sein kann. Dank Insiderinformationen aus dem Umfeld des Bundesrates («Impfstoff-Deal» und «Lonza-Deal») hätte man eventuell reich werden können. Lauener wie auch Berset könnten auf Grund ihrer Tätigkeit als Insider gelten. Vermutlich aber fehlt es aber am Vorsatz, denn mit den Indiskretionen wollten sie nicht am Markt Vermögensvorteile verschaffen. Es wird indes gemunkelt, das halbe BAG habe sich mit Titeln eingedeckt. Diese Leute könnten bestraft werden, sofern es sich um kursrelevante Informationen gehandelt hätte.

     

    Amtsmissbrauch: Nach Art. 312 StGB machen sich Mitglieder einer Behörde strafbar, die ihre Amtsgewalt missbrauchen, um sich oder einem anderen einen unrechtsmässigen Vorteil zu verschaffen. Es geht z.B. um eine Bewilligungserteilung oder Bewilligungsverweigerung. Auf den ersten Blick scheint bei Berset kein Amtsmissbrauch vorzuliegen und auch weitere Amtsdelikte kommen kaum in Frage. Hier ist Berset also safe.

     

    Amtsgeheimnis: Nach Artikel 320 StGB wird bestraft, wer ein Geheimnis offenbart, das ihm in seiner  Eigenschaft als Beamter anvertraut worden ist. Dieses Delikt scheint Lauener relativ klar mehrfach verletzt zu haben. Strafbar könnte sich auch Bundesrat Berset gemacht haben, ausser er habe tatsächlich nichts gewusst, was kaum denkbar scheint. Dass Amtsgeheimnisverletzungen angeblich häufig seien spielt keine Rolle.

     

    Bestechung: Wer einem Mitglied einer Behörde (z.B. Berset) im Zusammenhang mit dessen amtlicher Tätigkeit für eine im Ermessen stehende Handlung oder Unterlassung zu dessen Gunsten einen nicht gebührenden Vorteil anbietet, verspricht oder gewährt, macht sich strafbar. Vorteile können auch immaterieller Art sein (gute Presse, Unterstützung). Der Blick könnte sich hier strafbar gemacht haben, auch Berset könnten den Tatbestand des sich bestechen lassen erfüllt haben.

     

    Aussageverweigerung:  Bersets Mann Lauener hat in seiner Einvernahme konsequent die Aussage verweigert. Dies darf er als Beschuldigter ohne negative Konsequenzen tun. Berset als Auskunftsperson darf das nicht, ausser er würde sich mit einer Aussage selbst belasten. Davon hat er Gebrauch gemacht, so sagte er wörtlich: «Ich mache keine Aussage, ich bin hier in einer ungemütlichen Situation.» Bersets Aussageverweigerung spricht Bände. Berset war im Gegensatz zu Lauener in der Einvernahme sehr unvorbereitet, typisch für einen Mann der glaubt, sich alles erlauben zu können.

     

    Leaks der Einvernahmeprotokolle: Wie die Einvernahmeprotokolle von Lauener und Berset an die Presse gelangten ist zurzeit unklar. Über die Protokolle verfügen die Sonderermittler, der Beschuldigte Lauener und die Auskunftsperson Berset. Alle drei haben kein Interesse, diese Protokolle herauszugeben und scheiden damit als Täter eher aus. Das Leck könnte bei der Aufsichtsbehörde der Bundesanwaltschaft (AB-BA) zu finden sein.

     

    Strafanzeige gegen Sonderermittler: Gegen Bundesbeamte ermittelt nicht ein kantonaler Staatsanwalt, sondern die Bundesanwaltschaft. Dessen Sonderermittler Marti liess Lauener festnehmen und beantragte Untersuchungshaft. Der Verhaftete zeigte Marti deswegen an, eine typische Verhaltensweise von Verbrechern (womit nicht gesagt ist, dass Lauener einer sei).

     

    Bersets Immunität: Bundesräte geniessen strafrechtliche Immunität. Will der Sonderermittler dennoch gegen Berset ermitteln, so müsste die Immunität von zwei Parlamentskommissionen aufgehoben werden. Wenn sie der Meinung sind, das Interesse an der ungehinderten Ausübung des Bundesratsmandates überwiege das Interesse an der Strafverfolgung heben sie Bersets Immunität nicht auf. Auch wenn klar wäre, dass er Straftaten begangen hat.

     

    Impeachment: In der Schweiz gibt es kaum Möglichkeiten für die Amtsenthebung. 22 Kantone und der Bunde kennen das Impeachment nicht. Die Mitglieder des Bundesrates können also ihres Amtes nicht enthoben werden, selbst wenn sie gegen das Gesetz verstossen. Die oben erwähnten Immunitätskommissionen können aber eine vorläufige Einstellung im Amt beantragen. Folgt die Bundesversammlung diesem Antrag, wäre Berset bis zum Abschluss des Strafverfahrens von seinem Amt suspendiert.

     

    Hermann Lei

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