• 27.5.2023 Prozess wegen 2 x 40 Rappen

    Mit Kanonen auf Spatzen  

    310323 SZ Lei ProBio 80 Rappen

    von Hermann Lei, Kantonsrat, Frauenfeld

     

    «Fiat iustitia et pereat mundus» ist lateinisches Rechtssprichwort, das frei mit «Die Justiz nimmt ihren Lauf und der Übermut geht unter» übersetzt wird.

     

    Auch der Verein BioPro muss Steuern zahlen. Und so verlangt das Steueramt Graubünden für zwei Rechnungsjahre insgesamt CHF 137.–, zahlbar bis anfangs Februar 22. Leider wird der Betrag leicht verspätet bezahlt, nämlich am 28. März statt am 6. Februar. Wegen der Verspätung verlangt der Kanton Graubünden Verzugszins von 4%. Umgerechnet 80 Rappen.

     

    Zahlungsbefehl über 2 x 40 Rappen

    Die Rechnung über 2 x 40 Rappen gelangt irgendwie nie zum Verein und wird deshalb nicht bezahlt.  Das wiederum erbost die Bündner Steuerbehörde trotz der kleinen Summe, man mahnt inkl. Mahngebühr und leitet, als die 80 Rappen nach wie vor nicht eingehen, unerbittlich Betreibung ein. BioPro erfährt nun zum ersten Mal davon und wird nun leicht renitent, eine Mahngebühr von 30 Franken, also fast 40 mal mehr als der ausstehende Betrag will man nicht zahlen. Gegen den Zahlungsbefehl  erhebt der  Verein Rechtsvorschlag.

     

    Kanton verliert

    Die Kantonsjuristen zerren nun den Verein vor Gericht. Das Verfahren mit Kostenvorschuss von Fr. 100.– und Schriftenwechsel beschäftigt das Gericht während Monaten. Der «80-Rappen-Fall» geht schliesslich mehrheitlich zu Gunsten des Vereins aus. Dies weil für die geforderten Mahn- und Betreibungsgebühren sowie die Zahlungsbefehlskosten eine gesetzliche Grundlage fehlt. Nur über die vom Verein nicht bestrittenen 80 Rp. wird Rechtsöffnung erteilt. Um die Sache notfalls an die nächste Instanz ziehen zu können, verlangt die gedemütigte Steuerverwaltung sogar noch eine Begründung…

    Abbildung 1 Der Kanton prozessiert wegen 80 Rappen

     

    Für 2000.– Franken 80 Rappen hereingeholt

    Das Unterfangen ist nach Meinung der Redaktion an Komik nicht zu überbieten. Natürlich hat der Verein gefehlt, in dem er seine kleinen Steuern zu spät bezahlt hat. Und natürlich ist es das Recht des Kantons, Verzugszins von 80 Rp. auf dem Gerichtsweg einzufordern. Doch ob das bei geschätzten Gesamtkosten von mindestens 2’000.– Franken für 80 Rappen verhältnismässig ist, ist eine andere Frage.

     

    Gelähmter Verein

    Der Bio-Verein ist seit längerem gelähmt, denn sämtliche Energie und Zeit ging für den Prozess drauf. Und die Präsidentin, die in ihrem Leben noch nie eine einzige Betreibung erhalten hatte, ist, als sie aus den Ferien kam und der Pöstler ihr eine Betreibung aushändigte, zurückgetreten. Die Steuerverwaltung hat also dem Verein auch noch massiv geschadet.

    Die Justiz nimmt ihren Lauf und der Übermut geht unter.

    Hermann Lei

Leave a reply

Cancel reply