• 21.9.17 Philipp Hildebrand – „moralisch höchst verwerflich“

    Entscheid des Zürcher Obergerichts

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    von Hermann Lei, Kantonsrat, Frauenfeld

     

    Kehrtwende im Skandal des Jahrzehnts. Die Daten über Spekulationen des Ex-Notenbankers durften öffentlich gemacht werden. Trotzdem werde ich bestraft

     

    Erinnern wir uns: Am 15. August 2011 wechselt der damalige Nationalbankpräsident Philipp Hildebrand eine halbe Million Dollar auf seinem Konto ein. Der Zeitpunkt könnte nicht günstiger sein: Zwei Tage später wird die Nationalbank bekanntgeben, den Markt mit Liquidität zu überschwemmen, was den Dollarpreis explodieren lässt. Hildebrand macht – mitten in der Währungskrise – durch sein Handeln im Amt privat satte Gewinne. Als sein sonst sehr loyaler Bankberater – offenbar erschüttert ob der Vorgänge – damit droht, dies zu deklarieren, versucht Hildebrand die Transaktion seiner Frau anzulasten. Als das auffliegt muss Hildebrand seinen Hut nehmen.

     

    Vielleicht legal, sicher nicht legitim

    Als ich zusammen mit andern, unter anderem Christoph Blocher, diese Insidergeschäfte, die damals angeblich legal, wenn auch nicht legitim waren, publik machte, rollte eine Welle von politisch motivierten Verunglimpfungen über mich. Ein Strafverfahren wurde eröffnet – nicht über den „Täter“ Hildebrand, sondern über diejenigen, welche die Tat ans Licht brachten. Der linksgrüne Einzelrichter des Bezirksgerichts Zürich hatte bei diesem üblen Spiel noch mitgespielt, mich zu einer hohen Geldstrafe verurteilt und mir niedere Motive angedichtet. Deshalb war ich sehr gespannt, als ich am 23. August 2017 vor die Richter des Zürcher Obergerichts trat. Würden auch sie politisch urteilen? Nein, die Richter haben das Urteil des Bezirksgerichts gekippt. Zwar habe ich das Bankgeheimnis verletzt, als ich vor über fünf Jahren Blocher über die Devisenspekulationen auf dem Konto des damaligen Nationalbankprä­sidenten informierte. Denn ich hätte nicht einen Alt-Bundesrat über die Spekulation Hilde­brands ins Bild setzten müssen. Sondern z.B. einen amtierenden Bundesrat.

     

     

    Mit Tränen in den Augen

    Der spätere Gang an die Medien aber sei legal gewesen. Denn alle anderen Wege mit denen man Behörden und Öf­fentlichkeit über „das mutmasslich gra­vierende Fehlverhalten“ hätte informie­ren können waren ausgeschöpft. Das Verhalten von Hildebrand beurteilte das Gericht als „moralisch höchst verwerflich“, „skandalös“ und gar „strafwürdig“. Der Gang an die Presse war deshalb als letzter Ausweg gerechtfertigt, meinte das Gericht, reduzierte die Strafe des linksgrünen Bezirksrichters auf einen Drittel und sprach mir eine Entschädigung von Fr. 39‘000.– für die schlimmen fünfeinhalb Jahre Verfahren zu. Mit Tränen in den Augen hörte ich die sorgfältig begründeten Ausführungen des Oberrichters. Es ist zwar kein voller Erfolg, aber eine Rehabilitation. Glasklar zeigte das Gericht auf den eigentlichen „Schurken“: Spekulant Hildebrand

     

    Es beginnt erst

    Zum ersten Mal in der schweizerischen Rechtsgeschichte hat ein oberes Schweizer Gericht Whistleblowing, also das Aufdecken von Missständen, als gerechtfertigt beurteilt. Damit endet möglicherweise die juristische Aufarbeitung der Affäre Hildebrand. Die politische Aufarbeitung aber beginnt erst.

     

    Hermann Lei

     

     

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