• 2.5.22 Frischer Fisch statt von der Leyen  Färöer – freie Wikinger

    2.5.22 Frischer Fisch statt von der Leyen Färöer – freie Wikinger

    von Hermann Lei, Kantonsrat, Frauenfeld

    220430 SZ Lei Färöer Schweizerzeit_08_22_pdf

    Ihr Kolumnist war in den Ferien auf den Färöer-Inseln. Und entdeckte dort unbeugsame, EU-skeptische Wikinger.
    Die Färöer sind eine Inselgruppe zwischen Schottland, Norwegen und Island mit etwa 50’000 Einwohnern. Die Bewohner (Färöer oder Färinger genannt) stammen von den Wikingern ab und sprechen eine eigene Sprache, die mit dem Isländischen und dem Norwegischen verwandt ist.

    Alte Wikingertradition
    Die kargen Inseln, auf denen es zwar wegen des Golfstroms im Winter nicht richtig kalt, aber auch im Sommer nie richtig warm wird, waren im 6. Jahrhundert ein ideales Ziel für irische Mönche, denen die Ödnis und Abgeschiedenheit gerade recht war. Nach 800 fand die Landnahme durch die Wikinger statt. Gemäss alter Wikingertradition versammelten sich jeweils alle freien Männer am Althing in der Hauptstadt Tórshavn, um ihre Siedlerrepublik zu verwalten.

    Achtung Piraten!
    Auf den fetten, feuchten aber meist steilen Wiesen der Inseln fühlten und fühlen sich insbesondere Schafe pudelwohl, weshalb muslimische Piraten ab 15. Jahrhundert die Färöer terrorisierten. 1629 etwa suchten zwei Schiffe einen kleinen Ort heim, versklavten mehr als 30 Frauen und Kinder, raubten, was ihnen unter die Finger kam und brannten dann den Ort nieder. Solche Erfahrungen waren derart traumatisch, dass die Bewohner noch zweihundert Jahre später in die Berge flüchteten, wenn unbekannte Schiffe auftauchten.

    Moderne Fischereination
    Die freiheitsliebenden Nordmänner waren lange auch eine Kolonie Norwegens und bis in jüngste Zeit Dänemarks. Als Mitte des 19. Jahrhunderts der Monopolhandel mit Dänemark abgeschafft wurde entwickelte sich innerhalb von 50 Jahren aus einer jahrhundertealten und isolierten aber von fremden Mächten abhängigen Agrargesellschaft eine moderne Fischereination. 1908 wurde auch die Greenwich Mean Time eingeführt – sie löste die Mittagssonnenzeit von Tórshavn, die 27 Minuten früher lag, ab. Nach der Besetzung der Färöer im Zweiten Weltkrieg durch die Briten wuchs bei den Färingern die Ansicht weiter, dass sich die Färöer in Zukunft selbständig um ihre Angelegenheiten kümmern könnten und sollten.

    Unabhängiger Kleinstaat
    Heute ist die Nation der Färinger zwar völkerrechtlich anerkannt und es gibt eigene färöische Pässe, Geldscheine, Briefmarken, Autokennzeichen, und ein modernes Parlament. Aber immer noch sind die Inseln «gleichberechtigte Nation innerhalb des Königreichs Dänemark» und so liegt die Gerichtsbarkeit in letzter Instanz in Dänemark, und auch Sicherheits- und Aussenpolitik werden noch in Kopenhagen gemacht. Den Weg von einer von fremden Mächten dominierten Kolonie zu einem unabhängigen Kleinstaat gehen die Färöer aber weiter.

    Kein EU-Beitritt
    Als Dänemark 1972 der Europäischen Gemeinschaft beitrat, verweigerten die Färöer diesen Schritt. Der gesamte Handel mit den EU-Ländern wird seitdem durch speziell ausgehandelte Verträge geregelt, ähnlich wie bei uns. Das schafft Raum für andere Handelsabkommen: Im Jahr 2005 bildeten die Insulaner mit dem «Brudervolk» der Isländer eine gemeinsame Wirtschaftszone und nachdem die nahen Briten mit dem Brexit gewissermassen auf die Seite der Färöer wechselten sieht man auch hier Chancen.

    Kaum Zuwanderung, dafür schnelles Internet
    Die unabhängigen und eigensinnigen Färinger sind erfolgreich: Zuwanderung gibt es kaum, dafür wird der Ausbildung hohes Gewicht beigemessen. Und selbst im entlegensten Teil der Insel ist man durch ein schnelles Internet an die Welt angeschlossen. Die Färöer wissen, was wichtig ist: fernab von Brüssel selbst entscheiden zu können – frischer Fisch statt von der Leyen!
    Hermann Lei

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