• 6.5.16 Die SVP-Verschwörung

    6.5.16 Die SVP-Verschwörung

    Diskursverfälschung als Ziel

     

    Die SVP-Verschwörung

     

    Die SVP will den Staat umbauen, das Parlament schwächen, die Justiz entmachten, die Gewaltenteilung aushebeln, wichtige Medien übernehmen und eine plebiszitäre Volksdemokratie errichten. Daran glauben die Anhänger der SVP-Verschwörung.

     

    „SVP-Verschwörung“ nenne ich eine Überzeugung, welche vor allem in linksliberalen Milieus verbreitet zu sein scheint. Medien und Politiker warnen mit religiös anmutendem Eifer vor einer rechtspopulistischen Bewegung, die bildungsferne Schichten mit ihrer Angstpropaganda verführe. Sie dämonisieren die Partei zur faschistischen Gefahr, bei der diabolische Spin Doctors am Werk seien, wie man sie aus TV-Serien wie «House of Cards» kennt.

     

    „Marsch auf Bern“

    Permanente Wachsamkeit ist daher unabdingbar. Vor allem das Paktieren mit der extremen Rechten muss aufgedeckt werden. Beispielhaft ist die „Enthüllung“ eines Journalisten des Online-Journals Watson vor den Wahlen 2015:  2007 habe die Partei „in Anlehnung an Mussolinis Marsch auf Rom einen Marsch auf Bern“ veranstaltet (was natürlich blanker Unsinn ist). Und: das «Bronx 88»-Tank-Top einer Tänzerin in einem SVP-Spot anlässlich der Wahl 2015 signalisiere der potentiellen Wählerschaft am extremen rechten Rand: „Wir dürfen es nicht öffentlich sagen, aber wir sind auf eurer Seite.“ 88 stehe nämlich für „Heil Hitler“ durfte der Journalist unter zustimmender Begeisterung fast sämtlicher Medien  (z.B. BZ vom 11.9.15) sein Gespenstersehen verbreiten (watson.ch, 11.9.15). Sogar an Terroranschlägen im Ausland ist die SVP schuld. Weil sie Waffenlieferungen an Saudi-Arabien befürwortete. „Damit macht sich die SVP zur Helfershelferin der Attentäter von Brüssel. Und von Paris.“, lesen wir in einem Kommentar zu einem Artikel des Tagi vom 05.01.2016.

     

    Sekte SVP

    Aber auch normalerweise vernünftige Exponenten geraten schnell in dieses Fahrwasser. Hugo Stamm, der Sektenexperte des Tagi, charakterisiert die SVP als Sekte: Der empathielose Volkstribun geniesse nahezu einen Heiligenstatus, seine Verehrung habe pseudoreligiösen Charakter angenommen. „Der Weg zum Heil geht über Blocher.“ schreibt er in einem längeren Artikel unter watson.ch am 13.2.16. Und verschwörerisch raunt er: „Er kämpft für Steuererleichterungen der Reichen und Unternehmen. In beiden Fällen profitiert er tüchtig. Zahlen müssen dann die Rechnung die Unterprivilegierten, die seiner Partei wieder die Stimme geben.“ Permanent herrscht in diesen Milieus deshalb Weltuntergangsstimmung: „Wenn die Gefahr einer Diktatur in der Schweiz besteht, so geht sie auch vom Stimmvolk aus, das die aktuelle politische Grosswetterlage nicht richtig zu analysieren vermag.“, so Stamm.

     

    Der Teufel von Herrliberg

    Im Zentrum dieses Komplottes steht also Blocher, der wie der Antichrist nicht genannt werden darf, sondern meist verschwörerisch „Herrliberg“ (statt vieler: Orakel aus Herrliberg, NZZ vom 11.1.16) heisst. Herrliberg also lenkt ein Puppenregime an Parteisoldaten, der informelle Führer verführt mit Hintermännern die Wutbürger (z.B. aBR Leuenberger im Tagi vom 02.03.2015), was aufgeklärte Zeitgenossen wie Blick-Chefredakotr René Lüchinger am 14.8.14 sofort an „dunkle Zeiten“ erinnert. Nach der Macht strebt Herrliberg natürlich aus Eigennutz, er  manipuliert die Wirtschaft zu seinen Zwecken und er nutzt seinen unermesslichen Einfluss, um Politik für sich und seine vermögenden Freunde zu machen, so Hugo Stamm in watson.ch, am 13.2.16.

    Schwere Artillerie

    Und so wird permanent die schwere Artillerie aufgefahren. Sämtliche Mitglieder der selbsternannten „Zivilgesellschaft“, seis die Vereinigung der Alt-Bundesräte, seis die Gesellschaft der pensionierten Rechtskundelehrer seien es die transsexuellen Impfgegner, melden sich intellektuell hyperventilierend zu Wort und beschwören den Rechtssaat, der kurz davor sei, zusammen mit dem christlichen Abendland von der SVP auf der Müllkippe entsorgt zu werden. Und alles lässt sich – wie bei Verschwörungen üblich – mit der dunklen Macht SVP erklären: An einer tiefen Einbürgerungsziffer ist die SVP schuld. Wegen allzu rigider Hürden und Kosten. Bei einer hohen Einbürgerungsziffer ist auch die SVP schuld. Wegen der Massenzuwanderungs- und der Durchsetzungsinitiative. Wird ein Ausländer angegriffen ist ohne Begründung die SVP schuld. Wird ein Nationalrat der SVP angegriffen ist auch SVP schuld, weil sie gehetzt hat.

     

    Entkoppelung von der Diskussion

    Angesichts der herrschenden Mehrheitsverhältnisse ist die in vielen Milieus verbreitete Furcht, die SVP wolle den Staat umbauen, das Parlament schwächen, die Justiz entmachten, die Gewaltenteilung aushebeln, wichtige Medien übernehmen und eine plebiszitäre Volksdemokratie errichten, unhaltbar und nichts anderes als eine krude Verschwörungstheorie. Die Gefahr liegt allerdings darin, dass die Anhänger dieser „SVP-Verschwörung“ sich von der seriösen Diskussion, welche eine Demokratie benötigt, abkoppeln. Die Diskursverfälschung und -verhinderung ist aber nicht pathologisch, sondern hat ein klares Ziel: viele der Forderungen der SVP sind äusserst moderat und bewegen sich in dem Rahmen, welcher vor nicht allzu langer Zeit absolut gängige Praxis waren. Etwa die kontingentierte Zulassung im Ausländerrecht oder der Vorrang des Landesrechts vor dem Völkerrecht. Die SVP-Verschwörungstheorie soll dazu dienen, dies zu vertuschen.

     

    Hermann Lei, Kantonsrat SVP, Frauenfeld

    SZ Nr 9 0405.16 Di 1045 SVP Verschwörung

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