• 16.1.17 Artikel über Hermann Lei, Blocher und die Affäre Hildebrand

    16.1.17 Artikel über Hermann Lei, Blocher und die Affäre Hildebrand

     

     

     

    Zur falschen Zeit in der falschen Partei

    Vor fünf Jahren deckte Hermann Lei den Hildebrand-Skandal auf. Während sich der Nationalbank-Chef seinen Rücktritt vergolden liess, hat der Whistleblower sein Engagement teuer bezahlt. Ein Ende des Justiz-Albtraums ist nicht in Sicht.

    Von Alex Baur


    • Alex Baur

    Vielleicht, denkt Hermann Lei bisweilen, vielleicht hätte er doch auf seinen Vater hören müssen: «Finger weg von Missständen, die dich ­direkt nichts angehen!» Hermann Lei senior, in seinen besten Jahren ein weitherum angesehener Regierungsrat des Kantons Thurgau, freisinnig, war ein vorsichtiger Politiker. Sein Fi­lius weniger. Kaum hatte er sich als Anwalt selbständig gemacht, wurde er 2007 für die Volkspartei in den Gemeinderat von Frauenfeld gewählt, wo Lei junior mit seiner Kritik an den «Massen­einbürgerungen» schnell aneckte. Ein Jahr später wechselte er in den Kantonsrat. Auch hier machte er sich ausserhalb seiner Partei mit seinem Engagement gegen die Personenfreizügigkeit und für die Minarett-Initia­tive kaum Freunde. Vielleicht hätte er einfach wegschauen müssen, als Reto T., ein Jugendfreund und vormaliger Klient, am 4. November 2011 bei ihm vorstellig wurde. Hermann Lei wusste nur zu gut, dass der Bankinformatiker ein schwieriger Zeitgenosse war. Wenige Monate zuvor hatte er ihn aus einem komplizierten Strafverfahren ­wegen Stalkings herausge­hauen. Doch Reto T., der vor Lei schon mehrere Anwälte verschlissen hatte, gab sich mit dem Freispruch nicht zufrieden, er wollte Vergeltung und die Strafverfolger einklagen. Lei weigerte sich und kündigte das Mandat.

    Doch was ihm sein Jugendfreund an jenem 4. November präsentierte, war allerhand: Auszüge eines Kontos von Philipp Hildebrand, die darauf hinwiesen, dass der damalige Nationalbank-Chef auch privat eifrig mit Devisen spekulierte. Vor allem eine Transaktion mutete skandalös an: Mitte August 2011 hatte Hildebrand eine halbe Million Dollar gekauft, die er knapp zwei Monate später mit einem Gewinn von mehr als 70 000 Franken wieder abstiess. Es war ein todsicheres Geschäft für einen In­sider. Zwei Tage nach dem Kauf gab die Nationalbank bekannt, den Markt mit Liquidität zu schwemmen, was den Dollarpreis sofort steigen liess. Wenig später band die Notenbank den Franken an einen Euro-Mindestkurs, was den Dollar nochmals in die Höhe trieb.

    Schlagende Beweise

    Die Devisenspekulationen des obersten ­Notenbankers waren Tischgespräch beim ­Kader der Bank Sarasin, dem auch Reto T. angehörte. Der Informatiker hatte die Kontoauszüge heimlich kopiert. Bereits zuvor hatte er sich als eifriger Kritiker von Hildebrands Währungspolitik hervorgetan. Zusammen mit Lei, der sich in der Materie nur rudimentär auskannte, hatte Reto T. in der Schweizerzeit bissige Kommentare zur Währungspolitik verfasst. Und nun legte der Bankinformatiker seinem ­Jugendfreund triumphierend den schlagenden Beweis gegen Hildebrand auf den Tisch.

    Anwalt Lei war sofort klar, dass Reto T. das Bankgeheimnis verletzt und sich damit strafbar gemacht hatte. Dass er sich selber einen jahrelangen ruinösen Prozess aufhalsen würde, ahnte er damals noch nicht. «Wenn der Tresor geknackt ist», so sagte er sich, «dann ist er geknackt.» Die Frage war vielmehr, wie man den Skandal auffliegen lassen konnte, ohne dass ­Reto T. Schaden nahm. Der E-Mail-Verkehr zwischen den beiden zeugt von Unentschlossenheit. Mal wollte der eine in die Offensive, mal der andere. Viele Fragen bleiben unbeantwortet. Wer überwacht eigentlich den Chef der Nationalbank? Wem kann man trauen? Wird Hildebrand ge­deckt? Gibt es einen Schutz für Whistleblower? Sollte man anonym an die Presse gehen? Schliess­­lich einigte man sich darauf, den vormaligen Bundesrat und damals frischgewählten SVP-­Nationalrat Christoph Blocher ins Vertrauen zu ziehen.

    Es war nicht so einfach, einen Termin beim vielbeschäftigten Unternehmer zu kriegen, der die beiden schliesslich am 3. Dezember 2011 bei sich zu Hause in Herrliberg empfängt. Anhand der Kontoauszüge erklärt Reto T. die luschen Dollar-Geschäfte von Hildebrand. Der promovierte Jurist Blocher rät dringend von einem Gang an die Medien ab, verspricht aber, abzuklären, was sich auf juristischer und politischer Ebene machen lässt. Nach dem Treffen übergibt Reto T. die Bankauszüge Hermann Lei zur Aufbewahrung; der Informatiker erklärt ihm, wie man Kopien anfertigt, die keine Rückschlüsse auf die Herkunft zulassen. Bis zu diesem Punkt decken sich die Aussagen ­aller Beteiligter. Was folgt, lässt sich aufgrund der Gerichtsakten relativ sauber belegen:

    – 5. Dezember: Am Rande der Session informiert Blocher die damalige Bundespräsidentin Micheline Calmy-Rey (SP) über den mutmasslichen Insiderhandel von Hildebrand.

    – 6. Dezember: Reto T. fordert Hildebrands Bankauszüge zurück. Lei behält die verfremdeten Kopien zurück, was er dem wankelmütigen Informatiker verschweigt.

    – 13. Dezember: Nach einem zweiten Treffen mit Blocher, an dem auch die Chefs des Bundesamtes für Justiz und des Nachrichtendienstes zugegen sind, bildet Calmy-Rey mit ihren Ratskolleginnen Eveline Widmer-Schlumpf (Finanzen, BDP) und Simonetta Sommaruga (Justiz, SP) einen Ausschuss, der sich der diffizilen Affäre annimmt.

    – 15. Dezember: Auf Verlangen von Calmy-Rey und in deren Anwesenheit zeigt Blocher einem Spezialisten der Bundeskriminalpo­li­zei unter dem Siegel höchster Vertraulichkeit die Kopien von Hildebrands Kontoauszügen, die ihm Lei zugestellt hat und die er darauf vernichtet. Blocher schützt seine Quellen, weist aber darauf hin, dass er diese nur mit Mühe vom Gang an die Presse abhalten konnte. Calmy-Rey konfrontiert Hildebrand in der Folge mit den Vorwürfen. Dieser erklärt sich bereit, seine Privatkonten offenzulegen.

    – 16. Dezember: Nach einem juristischen Ge­rangel um die Kompetenzen beauftragt Hans­ueli Raggenbass, Präsident des SNB-­Bankrats, die Firma Price Waterhouse Coopers mit einer Untersuchung der fragwürdigen ­Devisengeschäfte.

    – 21. Dezember: Die bundesrätliche Dreierkommission kommt zum Schluss, dass Hildebrand weder straf- noch aufsichtsrechtlich gegen geltende Regeln verstossen hat. Vor allem Widmer-Schlumpf wittert eine Intrige ihres Erzfeindes Blocher und drängt auf eine «proaktive» Informationspolitik. Obwohl sie Blocher Vertraulichkeit zugesichert hat, informiert Calmy-Rey den Chef der Nationalbank über die Herkunft der Informationen.

    – 23. Dezember: Um 17 Uhr veröffentlicht der SNB-Bankrat eine Pressemitteilung mit dem ­Titel «Gerüchte gegen den Präsidenten des Direktoriums erwiesen sich als haltlos». Vermeintlich heikle Devisengeschäfte, heisst es dort, würden lediglich die Ehefrau von Hildebrand betreffen. Die meisten Journalisten haben sich längst in die Festtage verabschiedet, allein der Blick versieht das nebulöse Communiqué mit ­einer süffigen Schlagzeile: «Stolpert Hildebrand über seine schöne Frau?» Als Reto T. die Nachricht liest, ruft er Lei an. Beide glauben, dass der Skandal unter den Teppich gekehrt wurde, sie beraten über den Gang an die Medien.

    – 24. Dezember: Reto T. trifft den Zürcher Kantonsrat Claudio Schmid (SVP), den er privat kennt und den er bereits zuvor auf den Fall angesprochen hat. Schmid arrangiert ein klandestines Treffen zwischen dem vermummten Reto T. und zwei Blick-Journalisten auf einem Parkplatz, das jedoch ergebnislos endet, weil der Sarasin-Informatiker keine konkreten Informationen preisgeben will. In den folgenden Tagen kommt es zu mehreren Treffen zwischen Reto T. und Lei. Der Informatiker kann sich wieder einmal nicht entscheiden; mal will er an die Medien gelangen, dann schreckt er wieder davor zurück.

    –31. Dezember: Auf Rat von Blocher meldet sich Hermann Lei über die Hauptnummer bei der Weltwoche. Da die Redaktion am Silvester nicht besetzt ist, verweist die Sekretärin den unbekannten Anrufer nach Bern an den Bundeshausredaktor Urs Paul Engeler, der die Hintergründe der Hildebrand-Affäre recherchierte. Engeler verlangt Belege für Leis Geschichte.

    – 1. Januar 2012: Die Sonntagszeitung und die NZZ am Sonntag berichten simultan über die «Neuauflage von Blochers Kampagne gegen Hildebrand». Beide Sonntagsblätter, offenkundig instrumentalisiert von Hildebrands staatlich finanzierten PR-Beratern, diskreditieren die Affäre als haltlose Polit-Intrige der SVP. Die NZZ setzt die Ente in die Welt, wonach die fraglichen Konten Hildebrands Ehefrau Kashya gehörten, auch die Sonntagszeitung spekuliert ungeniert und faktenfrei: «Bizarre Gerüchte wurden gezielt gestreut.» Gemäss NZZ «übergab» Blocher dem Bundesrat Bankdokumente, gemäss Sonntagszeitung ging der SVP-­Politiker mit den Kontoauszügen von Hildebrand sogar regelrecht «hausieren» und knallte der Bundespräsidentin «einen Stapel Unterlagen auf den Tisch».

    Die Falschmeldungen versetzen den Informatiker Reto T. in Panik. Am gleichen Morgen erscheint er um 7 Uhr bei der Kantonspolizei Zürich. Zum einen meldet er seinen Verdacht auf «private Insidergeschäfte» des Nationalbank-Chefs, gleichzeitig will er sich absichern und bringt erstmals den Namen von Hermann Lei ins Spiel, den er als seinen Anwalt bezeichnet. Aus seiner Sicht hat ihn sein Jugendfreund verraten. Wenige Stunden später bricht Reto T. zusammen, die folgenden Wochen verbringt er in einer psychiatrischen Klinik.

    – 5. Januar: Die Weltwoche publiziert die Konto­auszüge von Philipp Hildebrand, die Hermann Lei (ohne das Einverständnis von Reto T.) zur Veröffentlichung freigegeben hat. Gleichentags schiebt Nationalbank-Chef Hildebrand an einer Pressekonferenz die Verantwortung für die Dollar-Geschäfte auf seine Frau ab: Sie habe für seine Konten stets eine Vollmacht gehabt und «ohne mein Wissen mit E-Mail an unseren Kundenberater» die Transaktionen in Auftrag gegeben. Bankrats-Präsident Raggenbass outet Hermann Lei bei dieser Gelegenheit mit vollem Namen. Wie diese geheime Information aus dem laufenden Verfahren der Staatsanwaltschaft Zürich zu Raggenbass gelangte, wurde nie geklärt.

    – 6. Januar: Sarasin-Kundenberater Felix Scheuber leitet seinen E-Mail-Verkehr mit Hildebrand an den Prüfungsausschuss der Nationalbank weiter. Die Unterlagen zeigen, dass Hildebrand sehr wohl über die Dollar-Transaktionen informiert war, die er zuvor an seine Frau delegiert hatte. Das Gremium kommt zum Schluss, dass Hildebrand als oberster Währungshüter der Schweiz damit nicht mehr tragbar sei, und empfiehlt seinen Rücktritt. ­Eine halbe Stunde vor ihrem Auftritt in der SRF-«Arena» zur Affäre Hildebrand wird die frisch gekürte Bundespräsidentin Eveline Widmer-Schlumpf über den E-Mail-Verkehr informiert, der alles auf den Kopf stellt. Widmer-Schlumpf hält trotzdem an Hildebrand fest und fordert ein hartes Vorgehen gegen die Urheber der Bankgeheimnisverletzung.

    – 7. Januar: Der Bankrat fordert einstimmig den Rücktritt von Philipp Hildebrand. Erfolglos sucht Widmer-Schlumpf im Bundesrat ­Rückendeckung für ihren Schützling, der zwei Tage später seinen sofortigen Rücktritt bekanntgibt. Im Gegenzug erhält er noch während eines Jahres den vollen Lohn von insgesamt 995 000 Franken.

    «I saich i d Hose»

    Exakt fünf Jahre sind vergangen seit jenen hektischen Neujahrsereignissen, welche die Nation noch wochenlang in Atem hielten und in zwei unversöhnliche Lager spalteten. Das Kalkül von Hildebrands PR-Beratern ging auf. Nach dem Rücktritt des Notenbank-Chefs verlagerte sich der Fokus endgültig auf Christoph Blocher und dessen Antagonistin Eveline Widmer-Schlumpf. Hermann Lei, der Überbringer der schlechten Nachricht, geriet damit zwischen die Fronten. In einem zweistündigen ­Interview versuchte er sich dem TV-Magazin «10 vor 10»

    zu erklären. Doch das Einzige, was die Fernsehmacher ausstrahlten, war ein unbedachter Spruch («I saich i d Hose»), den er am Rande des Gesprächs anlässlich der überraschenden Meldung von Hildebrands Rücktritt fallenliess. Das blieb hängen.

    Dass Lei die verfremdeten Kontoauszüge ohne das explizite Einverständnis von Reto T. zuerst Christoph Blocher und später der Weltwoche übergeben hat, mag unschön anmuten. Doch im Grunde tat er dasselbe, was Reto T. vor ihm schon getan hatte: Er gab unerlaubt ein Geheimnis preis, um ein Unrecht aufzudecken. Was hätte er sonst tun sollen? Hätte er sich nicht zum Komplizen des Unrechts gemacht, wenn er weggeschaut hätte? Immerhin war abgemacht, dass Blocher die Kontoaus­züge der Bundespräsidentin bloss zeigen und danach vernichten sollte. Blocher hielt sein Wort, es war Calmy-Rey, die ihr Versprechen brach.

    Nach dem bundesrätlichen Persilschein für Hildebrand mit dem nebulösen Dementi angeblicher «Gerüchte» kurz vor Weihnachten und erst recht nach der PR-Kampagne der vereinten Sonntagspresse gab es ohnehin kein Bankgeheimnis mehr zu schützen. Lei hatte jetzt allen Grund, die Unterlagen publik zu machen. Der weitere Verlauf sollte ihm recht geben. Ohne den Eklat, den der Bericht der Weltwoche auslöste, wäre der entlarvende Mail-Verkehr zwischen Hildebrand und dem Sarasin-Berater kaum je publik geworden.

    Als die Zürcher Staatsanwaltschaft am 13. Januar 2012 nach einer Hausdurchsuchung Hermann Lei erstmals befragte, legte er die Fakten auf den Tisch. Aufgrund des E-Mail-Verkehrs, der Telefondaten und der Aussagen aller Beteiligten liess sich der äusserliche Ablauf relativ schnell und sauber klären. Doch während der Bundesrat und seine Experten gerade mal fünf Tage brauchten, um Hildebrand von Schuld und Strafe reinzuwaschen, ist im Strafverfahren gegen den Whistleblower Lei selbst nach fünf Jahren noch kein Ende in Sicht.

    Das Verfahren gegen Lei und Reto T. ist das vielleicht traurigste Kapitel in dieser Geschichte. Unter der Regie des zwischenzeitlich pen­sionierten Oberstaatsanwaltes Andreas Brunner liessen die Strafverfolger fast nichts unversucht, um den Fall Hildebrand in einen Fall Blocher umzubiegen. Die Verteidigungsstrategie von Reto T., der die Initiative auf Lei abschieben wollte, kam ihnen dabei zupass. Die Tatsache, dass sowohl Christoph Blocher wie auch der Weltwoche-Chef Roger Köppel bereits im Frühling 2011 die Währungspolitik von Philipp Hildebrand hart kritisiert hatten, lud zu einer Verschwörungstheorie geradezu ein. Doch die Chronologie der Ereignisse zeigt in aller Deutlichkeit, dass es Reto T. war, der die Initiative ergriff. Dass er sich zusammen mit Lei an Blocher wandte, war naheliegend.

    Trotzdem veranstaltete die Zürcher Staatsanwaltschaft III am 20. März 2012 vor laufenden TV-Kameras eine Hausdurchsuchung bei Christoph Blocher. Dieser wehrte sich juristisch bis vor Bundesgericht gegen die «Fishing Expedition» in seiner Privatsphäre. Das führte zwar zu einer Verzögerung des Verfahrens, doch das war nicht Blochers Schuld. Denn im wesentlichen Punkt bekam er recht: Artikel 264 der Strafprozessordnung, der journalistischen Quellenschutz garantiert, gilt auch im Verkehr mit SVP-Politikern.

    Im Dezember 2015 stellte die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Blocher ein und entschädigte ihn mit 132 281 Franken. Doch die Ermittler rächten sich auf ihre Weise: Sie «vergassen» einfach, eine CD aus den Akten zu entfernen, welche die Telefonkontakte von Christoph Blocher mit Journalisten aufzeigte, die gemäss Bundesgericht tabu waren. Für das Verfahren erwiesen sich diese Telefonate als ­irrelevant. Doch die Daten fanden den Weg zum Tages-Anzeiger, der daraus eine süffige Story machte («Standleitung von Herrliberg zur Weltwoche»). Tatsächlich hatten Engeler und Köppel über die Festtage 2011, zur Hauptsache aber nach Neujahr, Blocher mehrmals kontaktiert. Die beiden Journalisten hatten schlicht und ergreifend ihren Job gemacht und recherchiert. In Tat und Wahrheit entlasten die illegal erhobenen Daten Blocher sogar, zeigen sie doch, dass es vorher kaum Kontakte gab.

    Beim Schutz der Privatsphäre von Philipp Hildebrand nahm es die Zürcher Staatsanwaltschaft derweil sehr genau. Wegen Gehilfenschaft und versuchter Verleitung zur Verletzung des Bankgeheimnisses (durch Reto T.) belegte sie Hermann Lei im September 2013 per Strafbefehl mit einer bedingten Geld­strafe. Lei erhob Einsprache. Zwar bestreitet er seinen Tatbeitrag nicht, er beansprucht bloss den gesetzlichen Schutz des Whistleblowers, der einen Missstand ohne Eigennutz aufdeckt.

    Rache der Justiz

    Die Justiz rächte sich auf ihre Weise: Sie liess den Fall einfach zweieinhalb Jahre lang liegen. Im letzten März bestätigte das Bezirksgericht ­Zürich das Verdikt. Den Einwand des Whistle­blowings schmetterte das Gericht mit der Begründung ab, Lei hätte sich nicht an Blocher, sondern direkt an die Aufsichtsbehörde der ­Nationalbank wenden müssen. Seither harrt der Fall am Obergericht seiner Erledigung.

    Die Perfidie solcher Strafprozesse liegt in ­ihrer Dauer. Ob das Bundesgericht Hermann Lei in ein paar Jahren vielleicht freisprechen oder ihm irgendeine bedingte Geldstrafe aufbrummen wird, ist Nebensache. Das Verfahren an sich ist die Strafe. Hermann Lei hat ausgerechnet, dass ihn der Prozess bislang rund eine Viertelmillion Franken gekostet hat, die eigene Arbeitszeit miteingerechnet. Für einen, der bloss das Richtige tun wollte, ist das doch eine Stange Geld. Vielleicht hatte sein Vater doch recht. Vielleicht sollte er sich das nächste Mal, wenn ihm fremdes Unrecht zugetragen wird, die drei Äfflein zum Vorbild nehmen: nichts sehen, nichts hören, nichts sagen.

    Quelle: Weltwoche 1/2017, mit freundlicher Genehmigung des Autors

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